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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Allerdings gibt es unter den Schцnen auch besonders schцne. Schцn sind aber alle, selbst Block, dieser elende Wurm.«
K. war, als der Advokat geendet hatte, vollstдndig gefaЯt, er hatte sogar zu den letzten Worten auffallend genickt und sich so selbst die Bestдtigung seiner alten Ansicht gegeben, nach welcher der Advokat ihn immer und so auch diesmal durch allgemeine Mitteilungen, die nicht zur Sache gehцrten, zu zerstreuen und von der Hauptfrage, was er an tatsдchlicher Arbeit fьr K.s Sache getan hatte, abzulenken suchte. Der Advokat merkte wohl, daЯ ihm K. diesmal mehr Widerstand leistete als sonst, denn er verstummte jetzt, um K. die Mцglichkeit zu geben, selbst zu sprechen, und fragte dann, da K. stumm blieb: »Sind Sie heute mit einer bestimmten Absicht zu mir gekommen?« »Ja«, sagte K. und blendete mit der Hand ein wenig die Kerze ab, um den Advokaten besser zu sehen, »ich wollte Ihnen sagen, daЯ ich Ihnen mit dem heutigen Tage meine Vertretung entziehe.« »Verstehe ich Sie recht?« fragte der Advokat, erhob sich halb im Bett und stьtzte sich mit einer Hand auf die Kissen. »Ich nehme es an«, sagte K., der straff aufgerichtet, wie auf der Lauer, dasaЯ. »Nun, wir kцnnen ja auch diesen Plan besprechen«, sagte der Advokat nach einem Weilchen. »Es ist kein Plan mehr«, sagte K. »Mag sein«, sagte der Advokat, »wir wollen aber trotzdem nichts ьbereilen.« Er gebrauchte das Wort »wir«, als habe er nicht die Absicht, K. freizulassen, und als wolle er, wenn er schon nicht sein Vertreter sein dьrfte, wenigstens sein Berater bleiben. »Es ist nicht ьbereilt«, sagte K., stand langsam auf und trat hinter seinen Sessel, »es ist gut ьberlegt und vielleicht sogar zu lange. Der EntschluЯ ist endgьltig.« »Dann erlauben Sie mir nur noch einige Worte«, sagte der Advokat, hob das Federbett weg und setzte sich auf den Bettrand. Seine nackten, weiЯhaarigen Beine zitterten vor Kдlte. Er bat K., ihm vom Kanapee eine Decke zu reichen. K. holte die Decke und sagte: »Sie setzten sich ganz unnцtig einer Verkьhlung aus.« »Der AnlaЯ ist wichtig genug«, sagte der Advokat, wдhrend er mit dem Federbett den Oberkцrper umhьllte und dann die Beine in die Decke einwickelte. »Ihr Onkel ist mein Freund, und auch Sie sind mir im Laufe der Zeit lieb geworden. Ich gestehe das offen ein. Ich brauche mich dessen nicht zu schдmen.« Diese rьhrseligen Reden des alten Mannes waren K. sehr unwillkommen, denn sie zwangen ihn zu einer ausfьhrlicheren Erklдrung, die er gern vermieden hдtte, und sie beirrten ihn auЯerdem, wie er sich offen eingestand, wenn sie allerdings auch seinen EntschluЯ niemals rьckgдngig machen konnten. »Ich danke Ihnen fьr Ihre freundliche Gesinnung«, sagte er, »ich erkenne auch an, daЯ Sie sich meiner Sache so sehr angenommen haben, wie es Ihnen mцglich ist und wie es Ihnen fьr mich vorteilhaft scheint. Ich jedoch habe in der letzten Zeit die Ьberzeugung gewonnen, daЯ das nicht genьgend ist. Ich werde natьrlich niemals versuchen, Sie, einen soviel дlteren und erfahreneren Mann, von meiner Ansicht ьberzeugen zu wollen; wenn ich es manchmal unwillkьrlich versucht habe, so verzeihen Sie mir, die Sache aber ist, wie Sie sich selbst ausdrьckten, wichtig genug, und es ist meiner Ьberzeugung nach notwendig, viel krдftiger in den ProzeЯ einzugreifen, als es bisher geschehen ist.« »Ich verstehe Sie«, sagte der Advokat, »Sie sind ungeduldig.« »Ich bin nicht ungeduldig«, sagte K. ein wenig gereizt und achtete nicht mehr soviel auf seine Worte. »Sie dьrften bei meinem ersten Besuch, als ich mit meinem Onkel zu Ihnen kam, bemerkt haben, daЯ mir an dem ProzeЯ nicht viel lag, wenn man mich nicht gewissermaЯen gewaltsam an ihn erinnerte, vergaЯ ich ihn vollstдndig. Aber mein Onkel bestand darauf, daЯ ich Ihnen meine Vertretung ьbergebe, ich tat es, um ihm gefдllig zu sein. Und nun hдtte man doch erwarten sollen, daЯ mir der ProzeЯ noch leichter fallen wьrde als bis dahin, denn man ьbergibt doch dem Advokaten die Vertretung, um die Last des Prozesses ein wenig von sich abzuwдlzen. Es geschah aber das Gegenteil. Niemals frьher hatte ich so groЯe Sorgen wegen des Prozesses wie seit der Zeit, seitdem Sie mich vertreten. Als ich allein war, unternahm ich nichts in meiner Sache, aber ich fьhlte es kaum, jetzt dagegen hatte ich einen Vertreter, alles war dafьr eingerichtet, daЯ etwas geschehe, unaufhцrlich und immer gespannter erwartete ich Ihr Eingreifen, aber es blieb aus. Ich bekam von Ihnen allerdings verschiedene Mitteilungen ьber das Gericht, die ich vielleicht von niemandem sonst hдtte bekommen kцnnen. Aber das kann mir nicht genьgen, wenn mir jetzt der ProzeЯ, fцrmlich im geheimen, immer nдher an den Leib rьckt.« K. hatte den Sessel von sich gestoЯen und stand, die Hдnde in den Rocktaschen, aufrecht da. »Von einem gewissen Zeitpunkt der Praxis an«, sagte der Advokat leise und ruhig, »ereignet sich nichts wesentlich Neues mehr. Wie viele Parteien sind in дhnlichen Stadien der Prozesse дhnlich wie Sie vor mir gestanden und haben дhnlich gesprochen!« »Dann haben«, sagte K., »alle diese дhnlichen Parteien ebenso recht gehabt wie ich. Das widerlegt mich gar nicht.« »Ich wollte Sie damit nicht widerlegen«, sagte der Advokat, »ich wollte aber noch hinzufьgen, daЯ ich bei Ihnen mehr Urteilskraft erwartet hдtte als bei den anderen, besonders da ich Ihnen mehr Einblick in das Gerichtswesen und in meine Tдtigkeit gegeben habe, als ich es sonst Parteien gegenьber tue. Und nun muЯ ich sehen, daЯ Sie trotz allem nicht genьgend Vertrauen zu mir haben. Sie machen es mir nicht leicht.« Wie sich der Advokat vor K. demьtigte! Ohne jede Rьcksicht auf die Standesehre, die gewiЯ gerade in diesem Punkte am empfindlichsten ist. Und warum tat er das? Er war doch dem Anschein nach ein vielbeschдftigter Advokat und ьberdies ein reicher Mann, es konnte ihm an und fьr sich weder an dem Verdienstentgang noch an dem Verlust eines Klienten viel liegen. AuЯerdem war er krдnklich und hдtte selbst darauf bedacht sein sollen, daЯ ihm Arbeit abgenommen werde. Und trotzdem hielt er K. so fest! Warum? War es persцnliche Anteilnahme fьr den Onkel oder sah er K.s ProzeЯ wirklich fьr so auЯerordentlich an und hoffte, sich darin auszuzeichnen, entweder fьr K. oder – diese Mцglichkeit war eben niemals auszuschlieЯen – fьr die Freunde beim Gericht? An ihm selbst war nichts zu erkennen, so rьcksichtslos ihn auch K. ansah. Man hдtte fast annehmen kцnnen, er warte mit absichtlich verschlossener Miene die Wirkung seiner Worte ab. Aber er deutete offenbar das Schweigen K.s fьr sich allzu gьnstig, wenn er jetzt fortfuhr: »Sie werden bemerkt haben, daЯ ich zwar eine groЯe Kanzlei habe, aber keine Hilfskrдfte beschдftige. Das war frьher anders, es gab eine Zeit, wo einige junge Juristen fьr mich arbeiteten, heute arbeite ich allein. Es hдngt dies zum Teil mit der Дnderung meiner Praxis zusammen, indem ich mich immer mehr auf Rechtssachen von der Art der Ihrigen beschrдnke, zum Teil mit der immer tieferen Erkenntnis, die ich von diesen Rechtssachen erhielt. Ich fand, daЯ ich diese Arbeit niemandem ьberlassen dьrfe, wenn ich mich nicht an meinen Klienten und an der Aufgabe, die ich ьbernommen hatte, versьndigen wollte. Der EntschluЯ aber, alle Arbeit selbst zu leisten, hatte die natьrlichen Folgen: ich muЯte fast alle Ansuchen um Vertretungen abweisen und konnte nur denen nachgeben, die mir besonders nahegingen – nun, es gibt ja genug Kreaturen, und sogar ganz in der Nдhe, die sich auf jeden Brocken stьrzen, den ich wegwerfe. Und auЯerdem wurde ich vor Ьberanstrengung krank. Aber trotzdem bereue ich meinen EntschluЯ nicht, es ist mцglich, daЯ ich mehr Vertretungen hдtte abweisen sollen, als ich getan habe, daЯ ich aber den ьbernommenen Prozessen mich ganz hingegeben habe, hat sich als unbedingt notwendig herausgestellt und durch die Erfolge belohnt. Ich habe einmal in einer Schrift den Unterschied sehr schцn ausgedrьckt gefunden, der zwischen der Vertretung in gewцhnlichen Rechtssachen und der Vertretung in diesen Rechtssachen besteht. Es hieЯ dort: der Advokat fьhrt seinen Klienten an einem Zwirnsfaden bis zum Urteil, der andere aber hebt seinen Klienten gleich auf die Schultern und trдgt ihn, ohne ihn abzusetzen, zum Urteil und noch darьber hinaus. So ist es. Aber es war nicht ganz richtig, wenn ich sagte, daЯ ich diese groЯe Arbeit niemals bereue. Wenn sie, wie in Ihrem Fall, so vollstдndig verkannt wird, dann, nun dann bereue ich fast.« K. wurde durch diese Reden mehr ungeduldig als ьberzeugt. Er glaubte irgendwie aus dem Tonfall des Advokaten herauszuhцren, was ihn erwartete, wenn er nachgдbe, wieder wьrden Vertrцstungen beginnen, die Hinweise auf die fortschreitende Eingabe, auf die gebesserte Stimmung der Gerichtsbeamten, aber auch auf die groЯen Schwierigkeiten, die sich der Arbeit entgegenstellten, – kurz, all das bis zum ЬberdruЯ Bekannte wьrde hervorgeholt werden, um K. wieder mit unbestimmten Hoffnungen zu tдuschen und mit unbestimmten Drohungen zu quдlen. Das muЯte endgьltig verhindert werden, er sagte deshalb: »Was wollen Sie in meiner Sache unternehmen, wenn Sie die Vertretung behalten?« Der Advokat fьgte sich sogar dieser beleidigenden Frage und antwortete: »In dem, was ich fьr Sie bereits unternommen habe, weiter fortfahren.« »Ich wuЯte es ja«, sagte K., »nun ist aber jedes weitere Wort ьberflьssig.« »Ich werde noch einen Versuch machen«, sagte der Advokat, als geschehe das, was K. erregte, nicht K., sondern ihm. »Ich habe nдmlich die Vermutung, daЯ Sie nicht nur zu der falschen Beurteilung meines Rechtsbeistandes, sondern auch zu Ihrem sonstigen Verhalten dadurch verleitet werden, daЯ man Sie, obwohl Sie Angeklagter sind, zu gut behandelt oder, richtiger ausgedrьckt, nachlдssig, scheinbar nachlдssig behandelt. Auch dieses letztere hat seinen Grund;
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