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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Wir haben eben einander gegenseitig miЯverstanden. Das kann auch alten Freunden einmal geschehen.« Frau Grubach rьckte die Schьrze unter die Augen, um zu sehen, ob K. wirklich versцhnt sei. »Nun ja, es ist so«, sagte K. und wagte nun, da, nach dem Verhalten der Frau Grubach zu schlieЯen, der Hauptmann nichts verraten hatte, noch hinzuzufьgen: »Glauben Sie denn wirklich, daЯ ich mich wegen eines fremden Mдdchens mit Ihnen verfeinden kцnnte?« »Das ist es ja eben, Herr K.«, sagte Frau Grubach, es war ihr Unglьck, daЯ sie, sobald sie sich nur irgendwie freier fьhlte, gleich etwas Ungeschicktes sagte. »Ich frage mich immerfort: Warum nimmt sich Herr K. so sehr des Frдulein Bьrstner an? Warum zankt er ihretwegen mit mir, obwohl er weiЯ, daЯ mir jedes bцse Wort von ihm den Schlaf nimmt? Ich habe ja ьber das Frдulein nichts anderes gesagt, als was ich mit eigenen Augen gesehen habe.« K. sagte dazu nichts, er hдtte sie mit dem ersten Wort aus dem Zimmer jagen mьssen, und das wollte er nicht. Er begnьgte sich damit, den Kaffee zu trinken und Frau Grubach ihre Ьberflьssigkeit fьhlen zu lassen. DrauЯen hцrte man wieder den schleppenden Schritt des Frдulein Montag, welche das ganze Vorzimmer durchquerte. »Hцren Sie es?« fragte K. und zeigte mit der Hand nach der Tьr. »Ja«, sagte Frau Grubach und seufzte, »ich wollte ihr helfen und auch vom Dienstmдdchen helfen lassen, aber sie ist eigensinnig, sie will alles selbst ьbersiedeln. Ich wundere mich ьber Frдulein Bьrstner. Mir ist es oft lдstig, daЯ ich Frдulein Montag in Miete habe, Frдulein Bьrstner aber nimmt sie sogar zu sich ins Zimmer.« »Das muЯ Sie gar nicht kьmmern«, sagte K. und zerdrьckte die Zuckerreste in der Tasse. »Haben Sie denn dadurch einen Schaden?« »Nein«, sagte Frau Grubach, »an und fьr sich ist es mir ganz willkommen, ich bekomme dadurch ein Zimmer frei und kann dort meinen Neffen, den Hauptmann, unterbringen. Ich fьrchtete schon lдngst, daЯ er Sie in den letzten Tagen, wдhrend derer ich ihn nebenan im Wohnzimmer wohnen lassen muЯte, gestцrt haben kцnnte. Er nimmt nicht viel Rьcksicht.« »Was fьr Einfдlle!« sagte K. und stand auf, »davon ist ja keine Rede. Sie scheinen mich wohl fьr ьberempfindlich zu halten, weil ich diese Wanderungen des Frдulein Montag – jetzt geht sie wieder zurьck – nicht vertragen kann.« Frau Grubach kam sich recht machtlos vor. »Soll ich, Herr K., sagen, daЯ sie den restlichen Teil der Ьbersiedlung aufschieben soll? Wenn Sie wollen, tue ich es sofort.« »Aber sie soll doch zu Frдulein Bьrstner ьbersiedeln!« sagte K. »Ja«, sagte Frau Grubach, sie verstand nicht ganz, was K. meinte. »Nun also«, sagte K., »dann muЯ sie doch ihre Sachen hinьbertragen.« Frau Grubach nickte nur. Diese stumme Hilflosigkeit, die дuЯerlich nicht anders aussah als Trotz, reizte K. noch mehr. Er fing an, im Zimmer vom Fenster zur Tьr auf und ab zu gehen und nahm dadurch Frau Grubach die Mцglichkeit, sich zu entfernen, was sie sonst wahrscheinlich getan hдtte.
Gerade war K. einmal wieder bis zur Tьr gekommen, als es klopfte. Es war das Dienstmдdchen, welches meldete, daЯ Frдulein Montag gern mit Herrn K. ein paar Worte sprechen mцchte und daЯ sie ihn deshalb bitte, ins EЯzimmer zu kommen, wo sie ihn erwarte. K. hцrte das Dienstmдdchen nachdenklich an, dann wandte er sich mit einem fast hцhnischen Blick nach der erschrockenen Frau Grubach um. Dieser Blick schien zu sagen, daЯ K. diese Einladung des Frдulein Montag schon lдngst vorausgesehen habe und daЯ sie auch sehr gut mit der Quдlerei zusammenpasse, die er diesen Sonntagvormittag von den Mietern der Frau Grubach erfahren muЯte. Er schickte das Dienstmдdchen zurьck mit der Antwort, daЯ er sofort komme, ging dann zum Kleiderkasten, um den Rock zu wechseln und hatte als Antwort fьr Frau Grubach, welche leise ьber die lдstige Person jammerte, nur die Bitte, sie mцge das Frьhstьcksgeschirr schon forttragen. »Sie haben ja fast nichts angerьhrt«, sagte Frau Grubach. »Ach, tragen Sie es doch weg!« rief K., es war ihm, als sei irgendwie allem Frдulein Montag beigemischt und mache es widerwдrtig.
Als er durch das Vorzimmer ging, sah er nach der geschlossenen Tьr von Frдulein Bьrstners Zimmer. Aber er war nicht dorthin eingeladen, sondern in das EЯzimmer, dessen Tьr er aufriЯ, ohne zu klopfen.
Es war ein sehr langes, aber schmales, einfenstriges Zimmer. Es war dort nur so viel Platz vorhanden, daЯ man in den Ecken an der Tьrseite zwei Schrдnke schief hatte aufstellen kцnnen, wдhrend der ьbrige Raum vollstдndig von dem langen Speisetisch eingenommen war, der in der Nдhe der Tьr begann und bis knapp zum groЯen Fenster reichte, welches dadurch fast unzugдnglich geworden war. Der Tisch war bereits gedeckt, und zwar fьr viele Personen, da am Sonntag fast alle Mieter hier zu Mittag aЯen.
Als K. eintrat, kam Frдulein Montag vom Fenster her an der einen Seite des Tisches entlang K. entgegen. Sie grьЯten einander stumm. Dann sagte Frдulein Montag, wie immer den Kopf ungewцhnlich aufgerichtet: »Ich weiЯ nicht, ob Sie mich kennen.« K. sah sie mit zusammengezogenen Augen an. »GewiЯ«, sagte er, »Sie wohnen doch schon lдngere Zeit bei Frau Grubach.« »Sie kьmmern sich aber, wie ich glaube, nicht viel um die Pension«, sagte Frдulein Montag. »Nein«, sagte K. »Wollen Sie sich nicht setzen?« sagte Frдulein Montag. Sie zogen beide schweigend zwei Sessel am дuЯersten Ende des Tisches hervor und setzten sich einander gegenьber. Aber Frдulein Montag stand gleich wieder auf, denn sie hatte ihr Handtдschchen auf dem Fensterbrett liegengelassen und ging es holen; sie schleifte durch das ganze Zimmer. Als sie, das Handtдschchen leicht schwenkend, wieder zurьckkam, sagte sie: »Ich mцchte nur im Auftrag meiner Freundin ein paar Worte mit Ihnen sprechen. Sie wollte selbst kommen, aber sie fьhlt sich heute ein wenig unwohl. Sie mцchten sie entschuldigen und mich statt ihrer anhцren. Sie hдtte ihnen auch nichts anderes sagen kцnnen, als ich Ihnen sagen werde. Im Gegenteil, ich glaube, ich kann Ihnen sogar mehr sagen, da ich doch verhдltnismдЯig unbeteiligt bin. Glauben Sie nicht auch?«
»Was wдre denn zu sagen?« antwortete K., der dessen mьde war, die Augen des Frдulein Montag fortwдhrend auf seine Lippe gerichtet zu sehen. Sie maЯte sich dadurch eine Herrschaft schon darьber an, was er erst sagen wollte. »Frдulein Bьrstner will mir offenbar die persцnliche Aussprache, um die ich sie gebeten habe, nicht bewilligen.« »Das ist es«, sagte Frдulein Montag, »oder vielmehr, so ist es gar nicht, Sie drьcken es sonderbar scharf aus. Im allgemeinen werden doch Aussprachen weder bewilligt, noch geschieht das Gegenteil. Aber es kann geschehen, daЯ man Aussprachen fьr unnцtig hдlt, und so ist es eben hier. Jetzt, nach Ihrer Bemerkung, kann ich ja offen reden. Sie haben meine Freundin schriftlich oder mьndlich um eine Unterredung gebeten. Nun weiЯ aber meine Freundin, so muЯ ich wenigstens annehmen, was diese Unterredung betreffen soll, und ist deshalb aus Grьnden, die ich nicht kenne, ьberzeugt, daЯ es niemandem Nutzen bringen wьrde, wenn die Unterredung wirklich zustande kдme. Im ьbrigen erzдhlte sie mir erst gestern und nur ganz flьchtig davon, sie sagte hierbei, daЯ auch Ihnen jedenfalls nicht viel an der Unterredung liegen kцnne, denn Sie wдren nur durch einen Zufall auf einen derartigen Gedanken gekommen und wьrden selbst auch ohne besondere Erklдrung, wenn nicht schon jetzt, so doch sehr bald die Sinnlosigkeit des Ganzen erkennen. Ich antwortete darauf, daЯ das richtig sein mag, daЯ ich es aber zur vollstдndigen Klarstellung doch fьr vorteilhaft hielte, Ihnen eine ausdrьckliche Antwort zukommen zu lassen. Ich bot mich an, diese Aufgabe zu ьbernehmen, nach einigem Zцgern gab meine Freundin mir nach. Ich hoffe, nun aber auch in Ihrem Sinne gehandelt zu haben; denn selbst die kleinste Unsicherheit in der geringfьgigsten Sache ist doch immer quдlend, und wenn man sie, wie in diesem Falle, leicht beseitigen kann, so soll es doch besser sofort geschehen.« »Ich danke Ihnen«, sagte K. sofort, stand langsam auf, sah Frдulein Montag an, dann ьber den Tisch hin, dann aus dem Fenster – das gegenьberliegende Haus stand in der Sonne – und ging zur Tьr. Frдulein Montag folgte ihm ein paar Schritte, als vertraue sie ihm nicht ganz. Vor der Tьr muЯten aber beide zurьck weichen, denn sie цffnete sich, und der Hauptmann Lanz trat ein. K. sah ihn zum erstenmal aus der Nдhe. Er war ein groЯer, etwa vierzigjдhriger Mann mit braungebranntem, fleischigem Gesicht. Er machte eine leichte Verbeugung, die auch K. galt, ging dann zu Frдulein Montag und kьЯte ihr ehrerbietig die Hand. Er war sehr gewandt in seinen Bewegungen. Seine Hцflichkeit gegen Frдulein Montag stach auffallend von der Behandlung ab, die sie von K. erfahren hatte. Trotzdem schien Frдulein Montag K. nicht bцse zu sein, denn sie wollte ihn sogar, wie K. zu bemerken glaubte, dem Hauptmann vorstellen. Aber K. wollte nicht vorgestellt werden, er wдre nicht imstande gewesen, weder dem Hauptmann noch Frдulein Montag gegenьber irgendwie freundlich zu sein, der HandkuЯ hatte sie fьr ihn zu einer Gruppe verbunden, die ihn unter dem Anschein дuЯerster Harmlosigkeit und Uneigennьtzigkeit von Frдulein Bьrstner abhalten wollte. K. glaubte jedoch, nicht nur das zu erkennen, er erkannte auch, daЯ Frдulein Montag ein gutes, allerdings zweischneidiges Mittel gewдhlt hatte. Sie ьbertrieb die Bedeutung der Beziehung zwischen Frдulein Bьrstner und K., sie ьbertrieb vor allem die Bedeutung der erbetenen Aussprache und versuchte, es gleichzeitig so zu wenden, als ob es K. sei, der alles ьbertreibe. Sie sollte sich tдuschen, K. wollte nichts ьbertreiben, er wuЯte, daЯ Frдulein Bьrstner ein kleines Schreibmaschinenfrдulein war, das ihm nicht lange Widerstand leisten sollte.
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