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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Darauf ist zu antworten, daЯ er wohl auch durch einen Ruf aus dem Innern zum Tьrhьter bestellt worden sein kцnnte und daЯ er zumindest tief im Innern nicht gewesen sein dьrfte, da er doch schon den Anblick des dritten Tьrhьters nicht mehr ertragen kann. AuЯerdem aber wird auch nicht berichtet, daЯ er wдhrend der vielen Jahre auЯer der Bemerkung ьber die Tьrhьter irgend etwas von dem Innern erzдhlt hдtte. Es kцnnte ihm verboten sein, aber auch vom Verbot hat er nichts erzдhlt. Aus alledem schlieЯt man, daЯ er ьber das Aussehen und die Bedeutung des Innern nichts weiЯ und sich darьber in Tдuschung befindet. Aber auch ьber den Mann vom Lande soll er sich in Tдuschung befinden, denn er ist diesem Mann untergeordnet und weiЯ es nicht. DaЯ er den Mann als einen Untergeordneten behandelt, erkennt man aus vielem, das dir noch erinnerlich sein dьrfte. DaЯ er ihm aber tatsдchlich untergeordnet ist, soll nach dieser Meinung ebenso deutlich hervorgehen. Vor allem ist der Freie dem Gebundenen ьbergeordnet. Nun ist der Mann tatsдchlich frei, er kann hingehen, wohin er will, nur der Eingang in das Gesetz ist ihm verboten, und ьberdies nur von einem einzelnen, vom Tьrhьter. Wenn er sich auf den Schemel seitwдrts vom Tor niedersetzt und dort sein Leben lang bleibt, so geschieht dies freiwillig, die Geschichte erzдhlt von keinem Zwang. Der Tьrhьter dagegen ist durch sein Amt an seinen Posten gebunden, er darf sich nicht auswдrts entfernen, allem Anschein nach aber auch nicht in das Innere gehen, selbst wenn er es wollte. AuЯerdem ist er zwar im Dienst des Gesetzes, dient aber nur fьr diesen Eingang, also auch nur fьr diesen Mann, fьr den dieser Eingang allein bestimmt ist. Auch aus diesem Grunde ist er ihm untergeordnet. Es ist anzunehmen, daЯ er durch viele Jahre, durch ein ganzes Mannesalter gewissermaЯen nur leeren Dienst geleistet hat, denn es wird gesagt, daЯ ein Mann kommt, also jemand im Mannesalter, daЯ also der Tьrhьter lange warten muЯte, ehe sich sein Zweck erfьllte, und zwar so lange warten muЯte, als es dem Mann beliebte, der doch freiwillig kam. Aber auch das Ende des Dienstes wird durch das Lebensende des Mannes bestimmt, bis zum Ende also bleibt er ihm untergeordnet. Und immer wieder wird betont, daЯ von alledem der Tьrhьter nichts zu wissen scheint. Daran wird aber nichts Auffдlliges gesehen, denn nach dieser Meinung befindet sich der Tьrhьter noch in einer viel schwereren Tдuschung, sie betrifft seinen Dienst. Zuletzt spricht er nдmlich vom Eingang und sagt: ›Ich gehe jetzt und schlieЯe ihn‹, aber am Anfang heiЯt es, daЯ das Tor zum Gesetz offensteht wie immer, steht es aber immer offen, immer, das heiЯt unabhдngig von der Lebensdauer des Mannes, fьr den es bestimmt ist, dann wird es auch der Tьrhьter nicht schlieЯen kцnnen. Darьber gehen die Meinungen auseinander, ob der Tьrhьter mit der Ankьndigung, daЯ er das Tor schlieЯen wird, nur eine Antwort geben oder seine Dienstpflicht betonen oder den Mann noch im letzten Augenblick in Reue und Trauer setzen will. Darin aber sind viele einig, daЯ er das Tor nicht wird schlieЯen kцnnen. Sie glauben sogar, daЯ er, wenigstens am Ende, auch in seinem Wissen dem Manne untergeordnet ist, denn dieser sieht den Glanz, der aus dem Eingang des Gesetzes bricht, wдhrend der Tьrhьter als solcher wohl mit dem Rьcken zum Eingang steht und auch durch keine ДuЯerung zeigt, daЯ er eine Verдnderung bemerkt hдtte.« »Das ist gut begrьndet«, sagte K., der einzelne Stellen aus der Erklдrung des Geistlichen halblaut fьr sich wiederholt hatte. »Es ist gut begrьndet, und ich glaube nun auch, daЯ der Tьrhьter getдuscht ist. Dadurch bin ich aber von meiner frьheren Meinung nicht abgekommen, denn beide decken sich teilweise. Es ist unentscheidend, ob der Tьrhьter klar sieht oder getдuscht wird. Ich sagte, der Mann wird getдuscht. Wenn der Tьrhьter klar sieht, kцnnte man daran zweifeln, wenn der Tьrhьter aber getдuscht ist, dann muЯ sich seine Tдuschung notwendig auf den Mann ьbertragen. Der Tьrhьter ist dann zwar kein Betrьger, aber so einfдltig, daЯ er sofort aus dem Dienst gejagt werden mьЯte. Du muЯt doch bedenken, daЯ die Tдuschung, in der sich der Tьrhьter befindet, ihm nichts schadet, dem Mann aber tausendfach.« »Hier stцЯt du auf eine Gegenmeinung«, sagte der Geistliche. »Manche sagen nдmlich, daЯ die Geschichte niemandem ein Recht gibt, ьber den Tьrhьter zu urteilen. Wie er uns auch erscheinen mag, ist er doch ein Diener des Gesetzes, also zum Gesetz gehцrig, also dem menschlichen Urteil entrьckt. Man darf dann auch nicht glauben, daЯ der Tьrhьter dem Manne untergeordnet ist. Durch seinen Dienst auch nur an den Eingang des Gesetzes gebunden zu sein, ist unvergleichlich mehr, als frei in der Welt zu leben. Der Mann kommt erst zum Gesetz, der Tьrhьter ist schon dort. Er ist vom Gesetz zum Dienst bestellt, an seiner Wьrdigkeit zu zweifeln, hieЯe am Gesetz zweifeln.« »Mit dieser Meinung stimme ich nicht ьberein«, sagte K. kopfschьttelnd, »denn wenn man sich ihr anschlieЯt, muЯ man alles, was der Tьrhьter sagt, fьr wahr halten. DaЯ das aber nicht mцglich ist, hast du ja selbst ausfьhrlich begrьndet.« »Nein«, sagte der Geistliche, »man muЯ nicht alles fьr wahr halten, man muЯ es nur fьr notwendig halten.« »Trьbselige Meinung«, sagte K. »Die Lьge wird zur Weltordnung gemacht.«
K. sagte das abschlieЯend, aber sein Endurteil war es nicht. Er war zu mьde, um alle Folgerungen der Geschichte ьbersehen zu kцnnen, es waren auch ungewohnte Gedankengдnge, in die sie ihn fьhrte, unwirkliche Dinge, besser geeignet zur Besprechung fьr die Gesellschaft der Gerichtsbeamten als fьr ihn. Die einfache Geschichte war unfцrmlich geworden, er wollte sie von sich abschьtteln, und der Geistliche, der jetzt ein groЯes Zartgefьhl bewies, duldete es und nahm K.s Bemerkung schweigend auf, obwohl sie mit seiner eigenen Meinung gewiЯ nicht ьbereinstimmte.
Sie gingen eine Zeitlang schweigend weiter, K. hielt sich eng neben dem Geistlichen, ohne zu wissen, wo er sich befand. Die Lampe in seiner Hand war lдngst erloschen. Einmal blinkte gerade vor ihm das silberne Standbild eines Heiligen nur mit dem Schein des Silbers und spielte gleich wieder ins Dunkel ьber. Um nicht vollstдndig auf den Geistlichen angewiesen zu bleiben, fragte ihn K.: »Sind wir jetzt nicht in der Nдhe des Haupteinganges?« »Nein«, sagte der Geistliche, »wir sind weit von ihm entfernt. Willst du schon fortgehen?« Obwohl K. gerade jetzt nicht daran gedacht hatte, sagte er sofort: »GewiЯ, ich muЯ fortgehen. Ich bin Prokurist einer Bank, man wartet auf mich, ich bin nur hergekommen, um einem auslдndischen Geschдftsfreund den Dom zu zeigen.« »Nun«, sagte der Geistliche, und reichte K. die Hand, »dann geh.« »Ich kann mich aber im Dunkel allein nicht zurechtfinden«, sagte K. »Geh links zur Wand«, sagte der Geistliche, »dann weiter die Wand entlang, ohne sie zu verlassen, und du wirst einen Ausgang finden.« Der Geistliche hatte sich erst ein paar Schritte entfernt, aber K. rief schon sehr laut: »Bitte, warte noch!« »Ich warte«, sagte der Geistliche. »Willst du nicht noch etwas von mir?« fragte K. »Nein«, sagte der Geistliche. »Du warst frьher so freundlich zu mir«, sagte K., »und hast mir alles erklдrt, jetzt aber entlдЯt du mich, als lдge dir nichts an mir.« »Du muЯt doch fortgehen«, sagte der Geistliche. »Nun ja«, sagte K., »sieh das doch ein.« »Sieh du zuerst ein, wer ich bin«, sagte der Geistliche. »Du bist der Gefдngniskaplan«, sagte K. und ging nдher zum Geistlichen hin, seine sofortige Rьckkehr in die Bank war nicht so notwendig, wie er sie dargestellt hatte, er konnte recht gut noch hierbleiben. »Ich gehцre also zum Gericht«, sagte der Geistliche. »Warum sollte ich also etwas von dir wollen. Das Gericht will nichts von dir. Es nimmt dich auf, wenn du kommst, und es entlдЯt dich, wenn du gehst.

Zehntes Kapitel Ende

Am Vorabend seines einunddreiЯigsten Geburtstages – es war gegen neun Uhr abends, die Zeit der Stille auf den StraЯen – kamen zwei Herren in K.s Wohnung. In Gehrцcken, bleich und fett, mit scheinbar unverrьckbaren Zylinderhьten. Nach einer kleinen Fцrmlichkeit bei der Wohnungstьr wegen des ersten Eintretens wiederholte sich die gleiche Fцrmlichkeit in grцЯerem Umfange vor K.s Tьr. Ohne daЯ ihm der Besuch angekьndigt gewesen wдre, saЯ K., gleichfalls schwarz angezogen, in einem Sessel in der Nдhe der Tьr und zog langsam neue, scharf sich ьber die Finger spannende Handschuhe an, in der Haltung, wie man Gдste erwartet. Er stand gleich auf und sah die Herren neugierig an. »Sie sind also fьr mich bestimmt?« fragte er. Die Herren nickten, einer zeigte mit dem Zylinderhut in der Hand auf den anderen. K. gestand sich ein, daЯ er einen anderen Besuch erwartet hatte. Er ging zum Fenster und sah noch einmal auf die dunkle StraЯe. Auch fast alle Fenster auf der anderen StraЯenseite waren schon dunkel, in vielen die Vorhдnge herabgelassen. In einem beleuchteten Fenster des Stockwerkes spielten kleine Kinder hinter einem Gitter miteinander und tasteten, noch unfдhig, sich von ihren Plдtzen fortzubewegen, mit den Hдndchen nacheinander. »Alte, untergeordnete Schauspieler schickt man um mich«, sagte sich K. und sah sich um, um sich nochmals davon zu ьberzeugen. »Man sucht auf billige Weise mit mir fertig zu werden.« K. wendete sich plцtzlich ihnen zu und fragte: »An welchem Theater spielen Sie?« »Theater?« fragte der eine Herr mit zuckenden Mundwinkeln den anderen um Rat. Der andere gebдrdete sich wie ein Stummer, der mit dem widerspenstigsten Organismus kдmpft. »Sie sind nicht darauf vorbereitet, gefragt zu werden«, sagte sich K. und ging seinen Hut holen.
Schon auf der Treppe wollten sich die Herren in K. einhдngen, aber K.
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